Samstag, 3. November 2007

greenmiles

Wie ich grade wieder feststellen muss, sind die undankbarsten Diskussionen diejenigen, die man mit sich selber führt. Zwar gewinnt man (fast immer) und kann auch ohne große Vorbereitung die Argumente der Gegenseite erahnen und somit teilweise frühzeitig umgehen, jedoch führt die 100%ige Kenntnis der Tricks und Unsauberkeiten die für diese Siege notwendig sind auch zu einem starken Nachlassen des Respektes vor sich selber...

Aktuelles Beispiel: mein Beitrag zum Klimaschutz.

Sehr selbstbewusst stieg ich in die Diskussion ein, mich auf einem hervorragendem Weg zur Auszeichnung durch den Umweltengel vermutend. Nicht umsonst habe ich vor über einem Jahr mein Auto verkauft und duch ein Isarcard-Abo ersetzt, und auch Svenjas verbrauchsarmen Polo nutze ich nur höchst selten. Deutliche Fortschritte habe ich auch beim Recycling gemacht, wo ich nun nicht nur Papier sondern zunehmend zuverlässig auch Glas einer erneuten Verwendung zuführe. Einwegverpackungen versuche ich bestmöglich zu vermeiden. Der Fernseher läuft nicht mehr auf Stand-by und auch die Erhöhung des Anteils an vegetarischer Ernährung in unserem Haushalt lässt die Polarkappen langsamer abschmelzen. Bleibt eigentlich nur mein große Freude an Flugreisen, idealerweise zu entlegenen Zielen.


Bedauerlicherweise ergab eine kurze Recherche, das solche Flüge in kürzester Zeit eine CO2 Belastung verursachen, die meine bisher getroffenen Klimaschutz-Maßnahmen rührend aber nutzlos aussehen lassen. Aber so einfach gebe ich mich nicht geschlagen, auch wenn ein Verzicht auf solche Reisen nicht zur Diskussion steht. Wieder mal kommt Eric zur Rettung, mit seinem Hinweis auf diverse Angebote eines CO2-Ablasshandels. Das war zwar schon zu Tetzels Zeiten nicht ganz unumstritten und moralisch höchst zweifelhaft, aber der Zweck heiligt die Mittel und heute gibt es dafür sogar ein TÜV-Zertifikat!

Also entschließe ich mich unsere Hochzeitsreise auch zu einem Fest für die Umwelt zu machen, und erschrecke doch mehr als leicht, als folgend Auskunft über die damit verbunden Emissionen und die Kosten für deren Neutralisierung erhalte. Bei Geld hört der Spaß nun wirklich auf... (die inner-australischen Flüge habe ich noch nicht mal mitberechnet).

Also startet die Diskussion mit mir selber.

Argument 1: Die Flieger wären auch ohne uns geflogen!

OK, damit komme ich nicht durch, mit einer solchen Argumentation verliere ich jede Glaubwürdigkeit als Gutmensch anderen gegenüber.

Argument 2: Da müsste man doch meine ganzen Einsparungen durch mein vorbildliches Verhalten zuhause gegenrechnen!

Ich habe es versucht, doch die 20.000kg krieg ich in diesem Leben nicht mehr weggespart, und es soll ja auch nicht die letzte Reise gewesen sein.

Argument 3: Die Berechnung bei greenmiles berücksichtigt nicht, das ich bei der Buchung darauf achte mit hochmoderenen Flugzeugen von gut ausgelasteten Fluggesellschaften zu fliegen!

Hier gebe ich mir einen Gnadenpunkt, ich will mich ja nicht selber demütigen.

Die Diskussion zieht sich noch etwas hin, schließlich einige ich mich mit meinem Gewissen auf einen Kompromiss:

1. Die Neutralisierung muss nur für Privatreisen erfolgen - sicherlich ist mein Arbeitgeber nach einer ähnlich intensiven Diskussion zu dem Schluss gekommen, die Dienstreise ebenfalls CO2 neutral zu gestalten...

2. Auch hier gibt es ein Ehegattensplitting, bzw. eine günstigen 2:1 Tarif - wir fliegen gemeinsam, aber nur einer zahlt. Das rechtfertige ich u.a. damit, dass Svenja für diese Flüge immer vegetarisches Essen bestellt, dass ist ja, wie man weiß, bei der Produktion wesentlich klimafreundlicher.

3. Und schließlich gilt das Stichtagsprinzip. Alles was vor dem 1. Oktober war ist vergeben und vergessen, es startet also mit der Australienreise...